Neubacher Elisabeth
Elisabeth Langgässer: Der Erstkommuniontag
E. Langgässer, geb.1899, die Tochter eines katholischen Baurats jüdischer Herkunft besuchte eine höhere Mädchenschule und ein Lehrerinnenseminar in Darmstadt. Von 1919 bis 1928 arbeitete sie als Volksschullehrerin. Im Frühjahr 1929 übersiedelte sie mit ihrer unehelichen Tochter Cordelia nach Berlin, wo sie ab 1931 sie als freie Schriftstellerin arbeitete.
Trotz ihrer Ehe mit dem „arischen“ Philosophen und Publizisten Wilhelm Hoffmann wurde sie 1936 als »Halbjüdin« aus der Reichsschrifttumskammer ausgeschlossen und musste Zwangsarbeit in einer Munitionsfabrik leisten.1941 wurde Tochter Cordelia, die einen jüdischen Vater hatte, der Familie entrissen und nach Auschwitz deportiert. Wie durch ein Wunder überlebte sie das Kriegsende und gelangte nach Schweden.
Am 25. Juli 1950 starb Elisabeth Langgässer an Multipler Sklerose.
Am Erstkommuniontag des „blassen“ Stadtkindes kommen wie immer die Bombenflugzeuge. Zwar ist da noch die liebende Mutter, welche die Erstkommunion zu einem Fest für das Kind machen will, aber sie kann sein Leben nicht mehr behüten. Das Haus bricht über ihnen zusammen, während in seinem Keller die hilflosen Eltern vergeblich und mit leeren Gesten die Beschützer des Kindes spielen.
E.T.A. Hoffmann: Das Fräulein von Scuderi
Die Erzählung - Helga Gutwald präsentiert sie in vier Folgen - erschien erstmals 1819 und gilt heute als die erste Kriminalgeschichte der deutschen Literatur.
Tatsächlich basiert "Das Fräulein von Scuderi" auf einer historischen Begebenheit, wonach eine erschreckende Anzahl an Adelsmännern von einer Diebesbande stets nachts ermordet wurde, was in Paris zu einer Atmosphäre der Angst und Hysterie führte. König Ludwig XIV. richtete daraufhin kurzerhand einen Sondergerichtshof ein, die "Chambre ardente" - die "glühende Kammer“, die Hoffmann in seinem Text als unerbittliche Vollstreckereinheit beschreibt.
E. T. A. Hoffmann (1776-1822), von Beruf eigentlich Jurist, war ebenso Schriftsteller, Zeichner und Karikaturist wie Kapellmeister und Komponist. Mit seiner Vielseitigkeit ein Kind seiner Zeit, fand er sich in einer für ihn unbefriedigenden Situation wieder, als seine literarischen Werke größere Beachtung fanden als seine musikalischen. Vielleicht ist dieser Erfolg als Schriftsteller mit Schuld daran, dass es von ihm relativ wenige Kompositionen gibt.
Zu hören jeweils vierzehntägig am Mittoch um 20:30 am 23. Februar, 9.März, 23. März und am 6. April.
Alma Karlin: Der Hahn vom heiligen Grab
Alma M. Karlin wurde 1889 in Celje geboren. Die im heutigen Slowenien gelegene Stadt war zu dieser Zeit noch Teil der Habsburgermonarchie und durch die deutsch-slowenische Spaltung geprägt. Karlin versuchte ihr Leben lang dieser politischen Engstirnigkeit zu entfliehen. Sie studierte in London mehrere Sprachen und brach 1919 zu einer achtjährigen Weltreise auf. Im Gegensatz zu den meisten Reisenden dieser Zeit verfügte sie über keine ausreichenden finanziellen Mittel, musste die acht Jahre dauernde Reise durch unterschiedliche Arbeiten selbst finanzieren und veröffentlichte deshalb schon während ihrer Reise zahlreiche Beiträge in diversen Zeitschriften verschiedener Länder.
Ihre oft ironischen Schilderungen machten Karlin später zu einer der meistgelesenen Reiseautorinnen in Europa.
Aber auch äußerst unterhaltsame Erzählungen über Menschen oder Gegebenheiten in anderen Kulturen flossen aus ihrer Feder.
Eine davon bringt euch Helga Gutwald in der neuen Folge ihrer Sendereihe zu Gehör und wünscht dazu viel Vergnügen.
Leo Tolstoi: Wieviel Erde braucht der Mensch?
Diese Erzählung hat Helga Gutwald für die ersten beiden Folgen ihrer Sendereihe im neuen Jahr ausgewählt.
Die gleichnishafte, zeitlose Wahrheit der Novelle veranlasste Stefan Zweig, sie den Erzählungen des Alten Testaments an die Seite zu stellen. Der Titel mit seiner bedeutungsschweren Frage ist zu einem geflügelten Wort geworden, mit dem das Streben, ja die Gier nach Eigentum hinterfragt wird.
Lew Nikolajewitsch Graf Tolstoi wurde 1828 auf dem Gut Jasnaja Poljana geboren, wo er, mit der Unterbrechung langer Reisen, sein ganzes Leben verbrachte. Sein Werk umfasst Romane, Erzählungen, Theaterstücke und philosophische Schriften; die beiden großen Romane Krieg und Frieden (1868) und Anna Karenina (1877) brachten ihm Weltruhm. Seitdem zählt Tolstoi zu den bedeutendsten Autoren der Literaturgeschichte. Tolstoi starb 1910 auf der Bahnstation Astapovo und wurde auf Jasnaja Poljana beigesetzt.
Zuhören an diesen Terminen: 12.01. und 26.01.2022.
Die Dame mit dem Hündchen
Diese Erzählung von Anton Pawlowitsch Tschechow, dem großen russischen Schriftsteller, Novellisten und Dramatiker hat Helga Gutwald für die nächsten drei Folgen ihrer Sendereihe ausgewählt.
International bekannt ist Tschechow vor allem als Schöpfer seiner großen Theaterstücke wie Drei Schwestern, Die Möwe oder Der Kirschgarten.
Er lebte von 1860 bis 1904 und entstammte einer armen kleinbürgerlichen südrussischen Familie. Dank eines Stipendiums konnte er in Moskau Medizin studieren, betrieb sie jedoch fast ausschließlich ehrenamtlich, denn die literarische Arbeit wurde mehr und mehr zu seiner Berufung.
„Die Dame mit dem Hündchen“ wurde erstmals im Dezember 1899 in einer russischen bürgerlich-liberalen Monatszeitschrift veröffentlicht.
Er zeigt darin, wie zwei Menschen durch die Erfahrung wirklicher Liebe verwandelt und der Banalität ihres Daseins enthoben werden.
Dass der notorische Junggeselle und Frauenheld Tschechow am Ende seines Lebens mit der Schauspielerin Olga Knipper selbst die große Liebe erlebte, muss man gar nicht wissen, um die tiefe Wahrheit dieser Erzählung zu verstehen. In ihrer schlichten, zeitlosen Modernität spricht sie für sich selbst.
Zu hören am 01.12., 15.12. und 29.12. jweils um 20:30
Nachts schlafen die Ratten doch
Aller guten Dinge sind drei, heißt es. Und deshalb hört ihr noch einmal eine Erzählung von Wolfgang Borchert.
Man kann es nicht oft genug sagen: mit seinem Drama „Draußen vor der Tür“ und seinen Kurzgeschichten, nicht zuletzt auch wegen seines mit 26 Jahren verlöschenden Lebens, gilt Borchert als bedeutendste und eindrucksvollste Stimme dieser jungen Kriegsgeneration.
Er kämpfte voll tiefster Überzeugung gegen Gewalt und Dummheit und gab der um das Leben betrogenen jungen Generation eine Stimme.
Er beschrieb die Menschen mit ihren Erlebnissen in Gefängnissen, im Krieg, als Heimkehrer und in den Familien. Diesen Geschichten liegen seine eigenen existenziellen Erfahrungen zugrunde: die Begegnung mit der Macht, das Erleben von Tod und Vernichtung im Krieg, die Nachkriegs-Zweifel der jungen Menschen an ihrer Identität, eigenes Schuldbewusstsein und die Enttäuschung der älteren Generation.
Im Unterschied zu vielen anderen Werken der so genannten Trümmerliteratur, die keine Bedeutung über ihren zeitgeschichtlichen Kontext hinaus erlangten, wird Borcherts Werk auch über seine Entstehungszeit hinaus gelesen, gespielt und besprochen.
Arthur Schnitzler: Das Schicksal des Freiherrn von Leisenbohg
Arthur Schnitzler, geboren am 15. Mai 1862 und gestorben am 21. Oktober 1931 im Alter von 69 Jahren an einer Hirnblutung gilt als einer der einflussreichsten deutschsprachigen Autoren des frühen 20. Jahrhunderts.
Er, selbst Arzt, wird häufig als literarisches Pendant Sigmund Freuds bezeichnet.
Vor allem seine Dramen, in denen er mit großer Sensibilität die psychische Befindlichkeit seiner Figuren porträtiert und damit indirekt den Blick auf gesellschaftliche Fehlentwicklungen lenkt, trugen zu seiner Berühmtheit bei. Zu den bekanntesten seiner Bühnenstücke, die auch heute noch häufig auf europäischen Bühnen aufgeführt werden, gehören »Liebelei« (1895), »Reigen« (1896/97) und »Professor Bernhardi«
Aber auch seine Novellen (z. B. ›Leutnant Gustl‹, ›Fräulein Else‹, ›Traumnovelle‹ und ›Spiel im Morgengrauen‹) erweisen sich als zeitlos und bis heute als hochaktuell.
Seine Theaterstücke und Erzählungen, die sich stets um die Themen Ehre, Schuld, Liebe, Traum und Tod drehen, wurden in viele Sprachen übersetzt, dienten als Vorlage für zahlreiche Verfilmungen und gaben immer wieder Anlass für öffentliche Debatten und Skandale.
In zwei Folgen erzählt euch Helga Gutwald eine eher unbekannte Novelle aus seinem Werk
Neue Staffel: Perlen der Erzählkunst
Zu Beginn der neuen Staffel ihrer Sendereihe liest Helga Gutwald noch einmal Peter Rosegger. Dieses Mal handelt es sich um eine vergnügliche Liebesgeschichte des steirischen Schriftstellers, der sich vom Bauernbuben und Schneiderlehrling zu einem international bekannten Autor entwickelt hat.
Die Erzählung "Sie kratzt nimmer" hört ihr am Mittwoch, den 6. Oktober um 20:30.
Peter Rosegger
Ein kleiner, schmächtiger Junge aus dem Steirischen Alpl auf dem Weg zum Superstar. Geboren im Jahr 1843, in einer rauen, tief bäuerlich geprägten Landschaft. Wer hier zur Welt kommt, wird Bauer, Knecht oder geht als Arbeiter in die nahe gelegenen Industriegebiete des oberen Mürztals.
Peter Rosegger aber wird Schriftsteller.
Mit über 15 Millionen verkauften Büchern und Übersetzungen in 28 Sprachen ist Rosegger einer der meistgelesenen Autoren seiner Zeit.
In ihrer letzten Sendung vor der langen Sommerpause präsentiert euch Helga Gutwald die Geschichte eines gewitzten Bauern aus dem fiktiven Städtchen Abelsberg, in der gewisse Parallelen zu heute durchaus erkennbar sind.
Für die lange Sommerpause gibt es hier alle Folgen der Sendereihe zum Nachhören.
Christine Lavant: Das Wechselbälgchen
Die 1915 in St. Stefan im Lavanttal/Kärnten geborene Christine Lavant (gest. 1973) beleuchtet in Gedichten und Prosa stets die Schattenseiten irdischer Existenz.
Von frühester Kindheit an hat sie die christlichen Lehren in der engen Dorfgemeinschaft kennengelernt und erlebt. Erstarrte religiöse Formeln - mal Trost verheißend mal drohend, Heiligen-, Geister- und Teufelsgeschichten, mechanisierte Riten mussten vollzogen werden, um gegen Krankheit zu helfen oder vor dem Bösen zu bewahren.
Das ist auch die Welt, in der Christine Lavants Erzählung spielt.
Erst 1998 wurde sie posthum veröffentlicht.
Genau, sensibel, mitunter auch ironisch formuliert sie, ohne jemals irgendeine der Figuren zu denunzieren, kennt sie doch deren Sprache mit ihrer eigentümlichen Idiomatik bis in die alltäglichsten, scheinbar selbstverständlichsten Wendungen.
Mit großer Eindringlichkeit beschreibt sie die Ausgrenzung einer Schwachen aus der dörflichen Gemeinschaft.
Die Geschichte vom „Wechselbälgchen“, das den Namen Zitha trägt (eine Anspielung auf Zita vonBourbon-Parma) wird am Ende zur ergreifenden Moritat, die einen so schnell nicht mehr loslässt.
Die drei Teile hören Sie am 21.04., 05.05. und am 19.05.2021.
Die Erzählung Wolfgang Borchert: Schyschyphusch oder Der Kellner meines Onkels gibt es hier zum Nachhören:
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