Neubacher Elisabeth
Marie Luise Kaschnitz: Lange Schatten
In der zweiten Folge von Helga Gutwalds neuer Sendereihe geht es um die 1974 verstorbene Schriftstellerin und Büchner-Preisträgerin Marie Luise Kaschnitz. Lange fehlten ihre Texte in keinem Schulbuch, sie war berühmt. Heute gehört sie zu den eher vergessenen Autorinnen, die es unbedingt wieder zu lesen gilt.
Der1960 erschieneneErzählband„Lange Schatten“ kann als ihr erzählerisches Hauptwerk gesehen werden.
Kaschnitz - eine genaue Beobachterin - findet in ihren Geschichten einen neuen, ganz eigenen Ton: präzise, knapp, oft bis zur Kargheit verkürzt, fast kühl – und gerade deshalb beklemmend.
Die Kurzgeschichte, die ihr als „Kostprobe“ daraus hören werdet, spielt in der Nachkriegs- und Wirtschaftswunderzeit in Deutschland.
Der namenlose Ich-Erzähler, ein Bub, Einzel- und Schlüsselkind, wahrscheinlich im Grundschulalter oder etwas darüber hinaus, berichtet, was ihm geschehen ist: Weil seine realen Eltern tagsüber nicht zu Hause sind und abends wenig Zeit für den Jungen aufwenden, weil sie damit beschäftigt sind, das Geld für Konsumgüter wie Musikthruhe und Auto zu verdienen und ihre Bekanntschaften zu pflegen,versucht er mit Hilfe seiner Phantasie, seiner Einsamkeit zu entgehen.
Marie v. Ebner-Eschenbach: Die Kapitalistinnen
In der letzten Folge ihrer Sendereihe nimmt sich Helga Gutwald noch einmal einer österreichischen Schriftstellerin an, die oft und gerne verkannt wird.
Marie von Ebner-Eschenbach, geboren 1830 als Freiin von Dubský in Mähren, gestorben 1916 in Wien.
Schon früh entdeckte sie ihre Liebe für die Dichtung.
Mit 18 Jahren heiratete sie ihren um 15 Jahre älteren Cousin Moritz von Ebner-Eschenbach, der die literarischen Ambitionen seiner Frau einerseits unterstützte, andererseits aber waren deren Resultate ihm, ebenso wie dem Rest der Familie, ein Dorn im Auge, denn ihre Schriften waren des öfteren mit Skandalen verbunden.
Kritisch und scharfsinnig behandelte die wohl bekannteste deutschsprachige Schriftstellerin des 19. Jahrhunderts gesellschaftliche und soziale Themen, die sie mit einem feinen Gespür für Bosheit, Witz und Komik in spannende Szenarien verpackte.
Sie war also keineswegs nur die harmlose Menschenfreundin, die Dichterin der Güte und des Mitleids.
Ihr bekanntestes Werk ist wohl die mehrfach verfilmte Novelle „Krambambuli“.
Die ausgewählte Erzählung ist die amüsant-ironische Schilderung zweier beieinander lebender und inzwischen in die Jahre gekommener Schwestern, die von der Sorge um das eigene, in Wertpapieren angelegte Kapital geplagt werden.
Mark Twain: Der Schrecken der deutschen Sprache
Samuel Langhorne Clemens, alias Mark Twain, erblickte am 30. November 1835 in Florida (Missouri) das Licht der Welt. Nach dem frühen Tod seines Vaters begann er eine Ausbildung zum Schriftsetzer. Mit 17 Jahren ging er nach New York, dann nach Philadelphia und Washington, wo er seine ersten Reiseberichte verfasste.
Von 1857 bis 1860 heuerte er als Lotse auf einem Mississippidampfer an, und aus der Zeit dieser Tätigkeit stammt auch sein Künstlername.
Viele seiner Romane und Geschichten, wie zum Beispiel die 1867 veröffentlichten "Abenteuer des Tom Sawyer und Huckleberry Finn“, werden auch heute noch, 113 Jahre nach seinem Tod gelesen.
Er gilt als einer der bedeutendsten amerikanischen Autoren des 19. Jahrhunderts und besticht besonders durch seinen Scharfsinn und sein humoristisches und satirisches Talent.
Einen seiner amüsantesten Texte schrieb er über die Schrecken der deutschen Sprache.
Darin beschreibt er, der 1878 auf seiner zweiten Europareise auch Deutschland und Österreich besuchte, mit bissigem Humor die Absonderlichkeiten der deutschen Sprache mit ihren Regeln und Ausnahmen und Ausnahmen von den Regeln.
Davon könnt ihr euch in der vorletzten Folge von Helga Gutwalds Sendereihe überzeugen.
Selma Lagerlöf: Der Wechselbalg
Selma Lagerlöf wurde am 20. November 1858 auf Gut Mårbacka in Värmland, Schweden geboren und starb dort am 16. März 1940.
Sie war eine der bekanntesten Schriftstellerinnen des Landes.
Für ihr Erstlingswerk Gösta Berling erhielt sie 1909 als erste Frau den Nobelpreis für Literatur.
Dieser Roman und das Kinderbuch Wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen begründeten ihren Ruhm weit über Schweden hinaus.
Beeindruckt von der Erzählkunst ihrer Großmutter verwebte sie in ihrem Werk Märchen, Mythen, Legenden aber auch historische und literarische Ereignisse. Grundthemenihrer Erzählungen waren oft die schicksalsträchtige Verbindung von Mensch und Natur, das Ausgeliefertsein an die Landschaft, die das Geschick der Menschen bestimmt, aber auch die schwierige Überwindung von Gewalt, Missgunst und Vorurteil durch uneigennützige Liebe.
So wie in der Erzählung Der Wechselbalg, die ihr in der aktuellen Folge von Helga Gutwalds Sendereihe hören werdet.
Bruno Schulz: „Heimsuchung“
Es ist ein Zyklus der ganz großen Kindheitserzählungen des 20.Jahrhunderts; ein Reigen autobiografischer Kurzgeschichten aus der versunkenen Welt des galizischen Schtetls, und eine davon wird in der aktuellen Folge von Helga Gutwalds Sendereihe „Perlen der Erzählkunst“ zu hören sein.
Bruno Schulz wurde 1892 in Drohobycz geboren und 1942 im dortigen Ghetto erschossen.
Er zeichnete, er malte und er schrieb. Vielen gilt er als polnischer Autor, aber das Drohobycz, das er in einer eigenartigen Mischung aus kafkaesker Drastik und poetischer Fantastik beschreibt, liegt südlich vom damals österreichischen Lemberg, heute ukrainisch Lwiw.
Schulz erzählt die Geschichte und das Ende einer Kaufmannsfamilie im kleinbürgerlichen Milieu Galiziens und nimmt uns mit in eine Welt, in der Traum und Wirklichkeit zu einer Literatur verschmelzen, die einen nicht so schnell wieder loslässt.
Franz Kafka: Das Urtel
Diese Erzählung eines der größten Dichter des 20. Jahrhunderts ist Inhalt der aktuellen Folge von Helga Gutwalds Sendereihe „Perlen der Erzählkunst“ .
1883 in Prag als ältestes von sechs Kindern eines deutschjüdischen Kurzwarenhändlers geboren, studiert Franz Kafka Jura und arbeitet nach seiner Promotion für eine Versicherungsgesellschaft. Gleichzeitig erscheinen seine ersten Prosastücke. Der literarische Erfolg zu Lebzeiten bleibt aber aus. Zeit seines Lebens plagen ihn Selbstzweifel, fühlt er sich von einem übermächtigen Vater belastet.
Seine schwer angeschlagene Gesundheit zwingt ihn 1922 zur Aufgabe seines Brotberufes.
1924 stirbt er im Sanatorium Kierling bei Wien an Tuberkulose. Sein langjähriger Freund Max Brod gibt sein nur in Teilen zu Lebzeiten veröffentlichtes Werk aus dem Nachlass heraus. Kafka hatte dessen Vernichtung ausdrücklich verfügt.
In der Erzählung „Das Urteil“ wird der Leser, wie so oft bei Kafka, mit einem absurden Geschehen konfrontiert: Ein Mann wird von seinem Vater zum Tode verurteilt, weil er den Kontakt mit einem im Ausland lebenden Freund nicht intensiv genug gepflegt hat.
Ludwig Thoma
In der aktuellen Folge von Helga Gutwalds Sendereihe „Perlen der Erzählkunst“ hört ihr zwei Geschichten von Ludwig Thoma.
Ein Mann mit zwei Gesichtern, eine Gestalt voller Ambivalenzen, ein Autor, mit dem man sich heute differenziert auseinandersetzen muss.
Geboren wurde er am 21. Januar 1867 in Oberammergau und er starb am 26. August 1921 in Tegernsee an Magenkrebs.
Ab 1899 lebt der Jurist in München und wird fester Mitarbeiter bei der Satirezeitschrift »Simplicissimus«. Daneben hat er schon Erfolge mit seinen Geschichten, Romanen und Theaterstücken, die ihn weit über die Grenzen Bayerns hinaus bekannt machen.
Seine Texte kreisen vor allem um Schilderungen des Alltags in Bayern, des bäuerlichen Lebens sowie der bayerischen Lebensart, der kleinbürgerlichen Moral und der politischen Geschehnisse seiner Zeit, was er satirisch und zum Teil äußerst realistisch nachzeichnet.
Sein Spätwerk aber wirft noch ein ganz anderes Licht auf ihn. Es sind vor allem die 170 widerwärtigen Hetzartikel, die im „Miesbacher Anzeiger“ erscheinen, und als dessen Urheber er in den späten 1980iger Jahren entlarvt wird. Hier wird eine nationalsozialistische Einstellung, gespickt von extremer antisemitischer Polemik, deutlich.
Dennoch darf man über seine pointierten humorvollen Geschichten schmunzeln.
Jeremias Gotthelf: Die schwarze Spinne Teil 4
Aus der deutschsprachigen Dichtung des 19. Jahrhunderts sind drei Schweizer Autoren nicht wegzudenken: Gottfried Keller, Conrad Ferdinand Meyer und Jeremias Gotthelf.
Als Pfarrer sieht Gotthelf die großen Umwälzungen, die in der Welt stattfinden, und ahnt deren Folgen für die ihm anvertrauten, gläubigen Gemeindemitglieder. Als er nach mehrere Fehlversuchen erkennt, dass er auf politischer Ebene nicht gegen den aufkeimenden Materialismus ankämpfen kann, beginnt er mit fast vierzig Jahren zu schreiben.
Am 8. März habt ihr noch einmal die Gelegenheit in sein außergewöhnlich sprachmächtiges Werk einzutauchen.
Jeremias Gotthelf: Die schwarze Spinne Teil 2
In der aktuellen Folge von PERLEN DER ERZÄHLKUNST hört ihr den zweiten Teil seiner grausigen Horrorgeschichte.
J. Gotthelf wollte abschrecken, mahnen und warnen. Bei allem Moralismus erleben wir einen Erzähler von ungeheurer Vitalität, Drastik und, ja, auch Anarchie, der seine Leser ebenso mitzureißen wie vor den Kopf zu stoßen versteht.
Wolfgang Borchert: Schyschyphusch oder Der Kellner meines Onkels.
Aus organisatorischen Gründen muss die Ausstrahlung der neuen Erzählung von Helga Gutwalds Sendereihe leider verschoben werden.
Deshalb hört ihr am 11.01.2023 die Wiederholung von Wolfgang Borcherts Schyschyphusch oder Der Kellner meines Onkels.
Diese leichte, von feinem Humor geprägte Erzählung, mit ihrem versöhnlich stimmenden Schluss bringt durch ihre Untertöne das wahrhaft Tragische eines menschlichen Schicksals umso greller ans Licht.
Derselbe Sprachfehler, ein feuchtwässriges „sch“, bringt zwei Menschen zusammen, die einander so verschieden sind, wie ein „Karrengaul vom Zeppelin“ ….
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